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Nachtspaziergang .Es rauscht im Blätterwald, es tönt aus den Nachrichten: Sind Deutschlands Straßen nicht mehr sicher? Unruhe macht sich breit. Ist das beabsichtigt? Gibt es in unseren Städten vermehrt Bedrohung durch ‘fremde‘ Gestalten? Wer sind die Bedroher, die für Schlagzeilen sorgen und diese verbreiten? Wie sehen sie aus? Erkenne ich sie im Dunkeln? Ich ziehe mich warm an, mache mich tapfer auf den Weg.
Nein, ich stecke kein Messer in die Tasche, das ist verboten. Ich schaue mich vorsichtig um, denn die Straßenlaternen in unserer Straße gleichen Funzeln mit spärlichem Schein, die den Schatten nicht erhellen und Gefahren erkennen lassen.
„Ist mein Handy vielleicht eine Waffe, oder der spitz zulaufende Haustürschlüssel?“, frage ich mich. „Vielleicht ist doch etwas dran an der Aussage, über gefährliche Stadtspaziergänge, die viel Staub aufwirbelten. Etwas bleibt immer stecken nach nicht spezifizierten, vieldeutigen, aber sehr verschwommenen Warnungen.“
Ich erschrecke. Ein Moped kracht an mir vorbei und verschwindet im Abendnebel. Dann wieder Stille. Kein Wunder, ich wohne in einem Dorf mit 2000 Seelen, hinzukommen die Bewohner der nahe gelegenen Gemeinde Lindlar mit etwa 21 600 Bürgern. Ich lege einen Schritt zu. Eisiger Wind, aber absoluter Friede in den Straßen.
Auf einer Wiese das Muhen einer Kuh, die jetzt Zuflucht im Stall sucht, der am Ende eines Grundstückes schemenhaft zu erkennen ist.
Wären ausländische Bürger die Täter, wir wüssten es längst. Haben wir nicht schon als Kinder gesungen:
„Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann“? Hier handelt es sich um ein Spiel, bei dem Kinder schon damals, in den NS - Nachkriegs-Fünfzigern, vor dem „schwarzen Mann“ davonliefen.
Er ist also gefährlich, der schwarze Mann. Er oder ‘es‘ schleicht sich an. Ist es das Fremde, das wir nicht kennen und fürchten, weil wir Vorurteile haben? Steckt da so ein Anti-Gen in uns, das weiter vererbt und wieder auftaucht, wenn es wirtschaftlich eng wird, wenn wir teilen müssen? In dem westfälischen Dorf, in dem ich mit meiner Familie Heimat gefunden hatte, wohnte, gab es einen Gutsbesitzer, der aus dem Kriegszug eine verarmte, polnische Gräfin – Janina - mitbrachte, aus Dankbarkeit, weil sie ihn vor den Russen versteckte und dadurch sein Leben rettete: Ein Märchen? Nein! Eine traurige Geschichte. Denn Janina kam aus Polen und war eine Fremde. Ein anderes Wort war im Umlauf: ‘Polackin‘. Ist es heute anders? Lernen wir daraus. Lernen wir sie doch kennen, unsere Mitmenschen, ganz gleich welcher Nation und Herkunft. Es lohnt sich. Und: Suchen wir nicht immer die schlechten Erbsen in den Vorratsdosen anderer, wenn die Suppe nicht schmeckt. Schauen wir selber in uns hinein, und zwar recht tief. Was sagt die Statistik?
Fazit: Respekt und Menschlichkeit sind der Vorschuss, den wir jedem Menschen, der in unserer Gesellschaft lebt, gewährleisten sollen. © Barbara Stewen 2025
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